Weißbuch 2016 = Kriegsprogramm der Bundeswehr

Auf Anregung der Arbeitsgruppe Gegen den Notstand der Republik in der IG Metall Frankfurt und verdi Bezirk Frankfurt und Region, haben beide Gewerkschaften im Februar eine Veranstaltung zum neuen Weißbuch der Bundeswehr organisiert. Neben den Einladern saßen Tobias Pflüger und Norman Paech als Referenten auf dem Podium.

Tobias Pflüger ist Mitglied des Vorstandes der Informationsstelle Militarisierung Tübingen. Er stellte die wesentlichen Punkte aus dem Weißbuch der Bundeswehr dar und betonte, dass die heutige Veranstaltung im Frankfurter Gewerkschaftshaus eine der Wenigen sei, die nicht vom Verteidigungsministerium organisiert ist.

Anhand der Vorwörter des Weißbuchs machte er deutlich, welcher Stellenwert darin steckt. Dieses Weißbuch beschreibt „die Grundlagen der deutschen Sicherheitspolitik“ und ist somit „Basis der zukünftigen Ausrichtung der Bundeswehr“. Dabei sei das Weißbuch in einem breiten Diskussionsprozess entstanden in den sich auch „interessierte Bürgerinnen und Bürger einbringen konnten“. Aufrüstung und Kriegsziele der Bundeswehr und der Regierung werden so als Volkes Wille dargestellt. Pflüger machte klar, dass im Weißbuch eine starke Rolle der EU und ihrer Führungsmacht Deutschland gefordert wird. Dazu gehört ein klares Bekenntnis zu Atomwaffen, eine Steigerung der Militärausgaben auf etwa 60 Milliarden Euro und – und das ist neu – ein deutlich benannter neuer, alter Gegner: Russland. Mit der permanenten Verlegung von Nato-Truppen (im Gegensatz zu zeitweisen Manövern), an die russische Grenze wurden völkerrechtliche Verträge gebrochen und der Krieg ist wieder ein Stück näher gerückt.

 

Norman Paech ist Jurist und war als Politikwissenschaftler an der Uni Hamburg. Er ist einer der profiliertesten Völkerrechtler in der BRD.

Als Jurist hat Norman Paech sich hauptseitig mit der rechtlichen Frage der „neuen“ Rolle des Militärs befasst. Ausgehend von der Tatsache das am Tag der Veranstaltung im Frankfurter Gewerkschaftshaus genau vor 49 Jahren die erste Debatte im Bundestag zu den sogenannten „Studentenunruhen“ abgehalten wurde erinnerte er an den Kampf gegen die Notstandsgesetze Ende der 1960`er Jahre und musste feststellen, dass eine vergleichbare Bewegung heute fast völlig fehlt. Damals standen große Teile der Arbeiterbewegung, der Studenten und weitere, friedliebende Teile des Volkes in scharfer und konsequenter Gegnerschaft zu den Notstandsgesetzen. Heute dagegen ist eine demokratische Bewegung der Intellektuellen, des Kleinbürgertums oder auch der Gewerkschaften in diesem Kampf nicht mehr zu finden. Das, obwohl der Weg in den Krieg längst beschritten ist: Die Bundeswehr steht an einigen Fronten aktueller Kriege, das Parlament hat sich der Kontrolle dieser Auslandseinsätze selbst entzogen, Bundeswehr wird bereits im Innern eingesetzt – gegen die eigene Bevölkerung – und das Bundesverfassungsgericht gibt fast allem seinen juristischen Segen und legt die Einschränkungen der Verfassung immer weiter statt enger aus.

Ganz deutlich hat Norman Paech vor der weiteren „Ausweitung der Exekutive in der inneren Ordnung“ gewarnt. Mit der andauernden Herbeirufung des inneren Notstandes durch die Terrorgefahr, der stückweisen Aufhebung des Trennungsgebotes von Polizei und Geheimdiensten oder der fehlenden parlamentarischen Kontrolle geht eine bedenkliche und gefährliche Entwicklung voran.

Diese Veranstaltung hat deutlich gemacht, dass der Kampf gegen den „Notstand der Republik“ eine zentrale Aufgabe der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung sein muss und deshalb z.B. der 1. September – der Anti-Kriegstag – dieses Jahr unbedingt die Rolle der Berliner Regierung und ihrer Armee bei der Kriegsvorbereitung deutlich machen muss.